Beitragssteigerung: Kfz-Versicherungen kosten immer mehr Geld
Wir kennen es aus dem Tagesgeschäft, dass Versicherungskunden von ihrer Kfz-Versicherung über erhebliche Beitragssteigerungen informiert werden. Die Kunden beschweren sich dann darüber bei uns. Grundsätzlich ist es verständlich, da niemand zu viel Geld ausgeben will, schon gar nicht für eine Versicherung. Die Kfz-Versicherungen befinden sich allerdings nach wie vor im Umbruch und die Beiträge einzelner Versicherer werden nochmals deutlich steigen.
Warum steigen die Beiträge in der Kfz-Versicherung? Trotz besserer SF-Klasse, die den Versicherungsnehmer bei Schadenfreiheit von Jahr zu Jahr zugesprochen wird?
Inhaltsverzeichnis
- Grundproblem aller Kfz-Versicherungen
- Inflation treibt die Kosten: Reparatur-, Werkstatt- und Ersatzteilpreise
- Kleine Schäden und das Gigacasting
- Höhere Schadenausgaben = steigende Beiträge
- Designschutz in der Fahrzeugindustrie treibt Preise
- Verbraucherindex versus Inflation der Ersatzteilpreise
- Was kann ich als Versicherungsnehmer dagegen tun?
Grundproblem aller Kfz-Versicherungen
Mit der Kfz-Versicherung verdienen die Versicherungsgesellschaften in aller Regel kein Geld – im Gegenteil, sie machen damit herbe Verluste. Für eine Beitragseinnahme von 1,00€ geben die Versicherer nicht selten 1,10€ an Kosten aus. Im Jahr 2023 lag die Quote bei 111,3 Prozent und der Verlust der Kfz-Versicherer betrug über 3 Milliarden Euro. Auch für das Jahr 2024 bewegte sich der Verlust im Bereich von 2 Milliarden Euro. Es ist also kein Wunder, dass die Beiträge weiter steigen. Die Zeiten der „Günstig- und Preis-Dumping-Versicherer“ werden damit beendet. Zumal der ein oder andere Kfz-Versicherer sich bereits vom Markt zurückgezogen hat oder die Beiträge bereits um bis zu 50% erhöht hat. Die BaFin forderte indes im Juni 2024 die Kfz-Versicherungen auf, die Kfz-Sparte wirtschaftlich zu betreiben und erwartet entsprechende Reaktionen (höhere Beiträge) der Versicherer.
Inflation treibt die Kosten: Reparatur-, Werkstatt- und Ersatzteilpreise
Wenn alles um uns herum immer teurer wird, dann ist es völlig klar, dass auch die Versicherungen mit den Beiträgen anziehen müssen. Versicherungen sollen Schäden bezahlen. Vermeintlich kleine Schäden an einem Fahrzeug verursachen heutzutage problemlos 4-stellige Schadensummen. Die Gründe sind verschieden. Zum Beispiel will auch ein Werkstatt-Mitarbeiter mehr Geld verdienen, weil seine Kosten für Miete, Heizung, Supermarkt usw. ganz genauso gestiegen sind wie für alle anderen auch. Er kann aber nur mehr Geld verdienen, wenn die Werkstatt für eine Schadenreparatur an den Fahrzeugen entsprechend bezahlt wird. Die Erhöhung der Werkstatt-Stundensätze ist somit logische Konsequenz, eben auch ein Effekt von Mindestlohnerhöhungen.
Die Schadenabteilungen der Versicherer schlagen zudem bei den Ersatzteilpreisen die Hände vor dem Kopf zusammen: Die Ersatzteilpreise sind regelrecht explodiert. Innerhalb von 10 Jahren sind die Preise um fast 100 Prozent gestiegen. Gesprochen wird dabei vom Ersatzteil-Monopol der Autohersteller. Bei der Schadenregulierung können Versicherer nun nicht einfach die Leistung kürzen, sondern müssen die versicherten Schäden bezahlen. So lagen im Jahr 2023 die Gesamtkosten aller Versicherer bei über 30 Milliarden Euro.
Kleine Schäden und das Gigacasting
Selbst kleine oder einfache Schäden kosten mittlerweile richtig Geld. Verbaute Sensoren, Kameras oder Assistenzsysteme müssen oftmals mitgetauscht werden. Automobilhersteller dürfen hier auf den Designschutz verweisen, bei dem alle sichtbaren Karosserieteile nur durch Originalteile ersetzt werden dürfen. Die Fertigung in größer gefassten Baugruppen macht zwar die Produktion der Fahrzeuge günstiger, jedoch nicht die Schadenreparatur. Auch der Trend zum sog. Gigacasting, wie Tesla es vormacht, wird weitere Beitragssteigerungen zur Folge haben. Die Fertigung der E-Autos in wenigen und großen Modulen hat zur Folge, dass selbst bei kleinen Schäden immer größere und teurere Baugruppen getauscht werden müssen. Dadurch steigen die Reparaturkosten weiter. Noch dazu bezahlt das nicht nur ein Tesla-Fahrer über die eigene Kaskoversicherung, sondern auch alle anderen über ihre Kfz-Haftpflicht. Hinzu kommen noch die Schadenkosten durch Diebstähle, die im Jahr 2023 auf rund 312 Millionen beziffert wurden (Teilkasko).
Höhere Schadenausgaben = steigende Beiträge
Die Versicherungen sind dafür da, versicherte Schäden zu bezahlen. Wenn die Schadenkosten steigen, müssen zwangsweise auch die Beitragseinnahmen für die Versicherungen steigen. An sich ist es einfache Mathematik.
- steigende Kosten für Fahrzeug-Ersatzteile (Ersatzteilpreise habe sich seit 2015 um mehr als 80 Prozent erhöht)
- überproportional gestiegene Stundenverrechnungssätze in den Werkstätten
- Fertigung der Fahrzeuge in größeren Modulen
- kostenintensive Technik und Schulung von Service-Mitarbeitern in Werkstätten
- enorm gestiegene Preise für Neu- und Gebrauchtwagen
Designschutz in der Fahrzeugindustrie treibt Preise
Um die kreative Leistung der Fahrzeughersteller abzusichern, ist der Designschutz (auch Geschmacksmusterschutz genannt) unerlässlich. Er schützt die spezifische ästhetische Gestaltung – von der Gesamtform des Autos über die einzigartige Linienführung bis hin zu den Details von Scheinwerfern, Felgen oder Karosserieteilen (Türen, Kotflügel, Außenspiegel) – vor der unbefugten Nachahmung durch Wettbewerber. Damit entsteht jedoch auch eine monopolähnliche Marktstellung für die Ersatzteile. Die Werkstätten sind daran gebunden, Ersatzteile direkt vom Autohersteller zu kaufen. Dadurch entsteht kein Wettbewerb bei den Ersatzteilpreisen. Folglich bleibt auch den Versicherungen nichts anderes übrig, als diese Kostensteigerungen hinzunehmen und zu bezahlen.
Verbraucherindex versus Inflation der Ersatzteilpreise
Die Versicherungsbranche stellt übereinstimmend fest, dass die Kostenentwicklung für Ersatzteile und Stundenlöhne in der Kfz-Branche deutlich über dem Durchschnitt der allgemeinen Inflation (Verbrauchpreisindex) liegt.
- Verbraucherpreisindex in den letzten 10 Jahren: +30% Anstieg (Stand Anfang 2025)
- Ersatzteilpreise in den letzten Jahren: +75%
- Inflationsrate der letzten 5 Jahre: über 22%
Damit wird klar, dass die Inflation bei den Ersatzteilpreisen deutlich über der allgemeinen Inflation liegt.
Hier noch ein paar Beispiele zu den Kostensteigerungen der Ersatzteilpreise:
- Rückleuchten: +85%
- Kofferraumklappen: +100%
- Türen, Stoßfänger, Kotflügel: +70% und mehr
- Stundenlöhne für Mechanik, Elektrik, Karosserie: +28%
- Studenlöhne für Lackierarbeiten: +30%
- zwischen August 2024 und August 2025 sind die Preise um 6% gestiegen (vordere Crashboxen (Bauteile zwischen Stoßfänger und Fahrzeugrahmen, die bei einem Aufprall gezielt nachgeben und die Aufprallenergie dämpfen) verteuerten sich gegenüber dem Vorjahr am meisten: +10,8 Prozent. Ein vorderer Stoßfängerquerträger wurde um 10,2 Prozent teurer. Eine Vordertür verteuerte sich um 7,7 Prozent. Eine Motorhaube kostete 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Scheinwerfer verteuerten sich um 6,1 Prozent.
Was kann ich als Versicherungsnehmer dagegen tun?
Alle Versicherungsnehmer stehen dem mehr oder weniger machtlos gegenüber, denn sie müssen die Beiträge meist so hinnehmen, wie sie sind. Selbstverständlich können sich Versicherungsnehmer nach preiswerteren Alternativen umschauen. In aller Regel sind die Beiträge aber auch bei allen anderen Versicherungen gestiegen, eben weil es die gesamte Branche betrifft. Selbst „Billigversicherungen“ mit unterdurchschnittlichen Versicherungsleistungen mussten ihre Beiträge anheben.
Mit Werkstattbindung 10% bis 20% sparen
Auf dem Versicherungsmarkt bieten die meisten Versicherungen auch eine sog. Werkstattbindung an. Diese gilt nur im Fall eines Schadens, der innerhalb der Teilkasko oder Vollkasko reguliert werden muss. In welcher Werkstatt dann also repariert wird, legt die Versicherungsgesellschaft fest. Dazu haben die Versicherer ein großes Werkstattnetz mit unterschiedlich vielen Werkstattpartnern. In aller Regel findet sich für jeden eine Werkstatt im näheren Umkreis. Für Kunden ergibt sich der Vorteil, dass eine Rabattierung auf den Versicherungsbeitrag erfolgt. Die Spanne liegt bei 10 bis 20 Prozent auf den Versicherungsbeitrag, der auf die Teilkasko und Vollkasko entfällt.
Gleichzeitig bieten die Versicherer über ihre Werkstattpartner auch mehr Service. Ihr Auto wird nach einem Unfall abgeholt und gereinigt zurückgebracht. Für die Dauer der Reparatur wird oftmals ein kostenloser Ersatzwagen bereitgestellt. Ebenso wird die Herstellergarantie nicht beeinträchtigt, wenn die Reparatur mit Originalersatzteilen und nach Herstellervorgabe durchgeführt wird. Zudem können verlängerte Garantiedeckungen für die durchgeführten Arbeiten inbegriffen sein.
In punkto der Werkstattbindung muss jeder Autobesitzer selbst wissen, ob er sein Fahrzeug im Kasko-Schadenfall in die Hände einer Versicherung gibt. Leasingnehmer müssen sowieso aufpassen: Bei einem Leasing-Fahrzeug darf keine Werkstattbindung vereinbart werden, weil dies von Leasinggebern vertraglich untersagt wird. Grundsätzlich sehen Leasingverträge vor, dass kein anderer bestimmen darf, wo ein Unfall-Fahrzeug instandgesetzt werden darf.
Selbstbeteiligung überprüfen
Ebenso nachdenken sollten Autofahrer über die Höhe der Selbstbeteiligung. Hier schlummert teilweise Potenzial bei den Versicherungen. Je höher der Selbstbehalt für die Teilkasko und Vollkasko liegt, desto günstiger kann der Beitrag ausfallen. Damit spart man Geld – und nur im Schadenfall zahlt man dann eben etwas mehr.
Begrenzte Möglichkeiten, der Beitragssteigerung entgegenzuwirken
Es macht aus unserer Erfahrung immer weniger Sinn, die Kfz-Versicherung jedes Jahr zu wechseln. Bei den Fahrzeugen (gerade wenn sie höherwertig sind) muss eine ordentliche Versicherung abgeschlossen sein, sonst gibt es im Schadenfall nur Ärger und Probleme. Hier hilft es auf jeden Fall, wenn ein unabhängiger Berater oder Versicherungsmakler Ihre Versicherungen betreut.